Medientagebuch von David Bauer, MAZ-Dozent, Journalist und Strategieberater

David Bauer Ein neuer Tag, immer dieselbe Routine. Gleich nach dem Aufstehen gehe ich auf dem Handy meine Timeline bei Twitter durch, um zu sehen, was sich in den letzten sechs bis acht Stunden getan hat. Wenn auf der Welt oder in einem meiner Spezialgebiete etwas Bedeutendes geschehen ist, erfahre ich es da. Kurze News lese ich sofort, Längeres markiere ich mir für später.

Der Frühstückstisch gehört dann primär den klassischen Medien. Oder genauer gesagt: klassischen Medienmarken. Auf dem Handy klicke ich mich durch die Apps von NZZ, Tages-Anzeiger, Spiegel Online und 20 Minuten. Zeitungen habe ich keine mehr abonniert. Ebenfalls noch während des Frühstücks werfe ich einen kurzen Blick auf Facebook, um zu erfahren, was die Menschen in meinem privaten Umfeld bewegt. Meine Kontaktliste bei Facebook halte ich bewusst kurz, ausserdem filtere ich stark, so dass ich tatsächlich weitgehend relevante Informationen erhalte.

Der Arbeitsweg, früher bei mir die Domäne der Zeitungen, kommt inzwischen ohne Medienkonsum aus. Ganz einfach deshalb, weil er entweder von Wohnzimmer zu Büro nur ein paar Schritte weit ist oder weil ich ihn auf dem Velo zurücklege.

Einmal im Büro, schaue ich mir jene Nachrichten an, die ich mir zuvor bei Twitter für später markiert habe. Anschliessend bleibt Twitter als Nachrichtenstrom bis zum Feierabend ständig geöffnet und ich werfe immer mal wieder einen Blick in die Timeline. Oft geht von da der Weg via Link direkt weiter zu einzelnen Artikeln, die meine handverlesenen persönlichen Gatekeeper empfehlen. Hier kommt als unverzichtbares Element meines Medienkonsums der Dienst Instapaper zum Einsatz: Jeden Artikel, der beim ersten Blick interessant aussieht, für den ich aber gerade keine Zeit habe, speichere ich via Instapaper ab, so dass ich ihn später in Ruhe als reinen Text auf dem iPad lesen kann.

Zum Informationsverhalten während der Arbeit gehört auch der gelegentliche Blick auf die grossen Schweizer Nachrichtenportale, 20Min, Newsnetz und Blick. Wenn ich da von einem wichtigen Ereignis erfahre – was selten genug der Fall ist – suche ich mir dazu aktiv auf weiteren Kanälen (in der Regel ausländischen Nachrichtenseiten und Twitter) Informationen zusammen.

Zwei bis dreimal pro Woche, wenn ich etwas Zeit zum Abschalten habe, gehe ich auf dem iPad meine RSS-Feeds in der grossartigen (übrigens in der Schweiz erfundenen) App Reeder durch. Dies ist meine Art, internationale Publikationen wie den Guardian, die NY Times, den Economist sowie zahlreiche Fachpublikationen und Blogs zu verfolgen. Am Computer rufe ich diese Seiten ohne speziellen Anlass höchstens gelegentlich und nach dem Zufallprinzip auf.

Das alte Triumvirat der Informationsvermittlung – Zeitungen, Radio und Fernsehen – spielt in meinem Informationskonsum nur noch eine nachrangige Rolle. Wenn ich eine Zeitung aufschlage, das Radio oder den Fernseher einschalte, dann meist, weil ich über andere Wege darauf hingewiesen wurde.

Die einzige Printpublikation, die ich aktuell abonniert habe, ist das deutsche Magazin Dummy. Seine Inhalte sind a) im Netz nicht verfügbar und – bevor jetzt einer meint, jede Paywall sei somit eine gute Idee – b) so gut, dass ich trotzdem nicht auf sie verzichten will.

Der Tag endet schliesslich so, wie er begonnen hat. Vor dem Schlafengehen ein letzter Blick auf Twitter, dann kann sich die Erde eine Weile ohne mich weiterdrehen.

David Bauer ist Journalist und entwickelt Online-Strategien, aktuell für die TagesWoche in Basel.

Foto: (c) Tabea Hüberli

Share
Dieser Beitrag wurde unter Allgemeines, Medien veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert