Samstag, 1. Juli 2011. Ich gestehe: Ich habe noch nicht umgeschaltet. Ich lasse mich noch immer von den DRS Nachrichten wecken, ich mag die Kurzzusammenfassung am Anfang. Strauss-Kahn auf freiem Fuss. Die New York Times hat mir dies in der Nacht zwar schon per Alert gemeldet. Ich höre trotzdem nochmals aufmerksam zu, Die Wetterprognosen verheissen Sonne – wichtig für die Auswahl der Kleider. Heute wird mir Landi keine Wetterwarnung schicken müssen. NZZ und Tagi liegen im Briefkasten, physisch und elektronisch und gehören zum ersten Kaffee. Schön die Formulierung, die monegassische Braut Charlene sei erst locker geworden, als sie „fehlerfrei oui“ gesagt habe. Ob sie sich wohl wirklich chirurgisch an Grace Kelly anpassen lässt? Die Gedanken sind unter meinem mir vorgestellten Niveau, aber ganz kurz eben doch da….
Die Mailbox ist heute weniger voll als an Wochentagen. Ich werde an ein noch ungelöstes berufliches Problem erinnert, studiere weiter an einer Lösung dafür – ich denke, ich habe sie, will sie aber nochmals überschlafen. Bewerbungen von deutschen Journalisten, die gern am MAZ unterrichten würden, ein Dank für ein Gespräch, eine Geburtstagserinnung von Xing, Freundschaftsanfragen auf Facebook und Linkedin. Und seit mir ein Journalistenkollege den Zugang zu seinen Bildern auf Netlog gab und ich mich einloggte, bestürmen mich auch hier Menschen, die Freunde sein oder werden wollen. Heute etwas mehr Zeit ein paar Tweets genauer zu lesen, z.B Jay Rosen mit seiner Aussage, dass der Wert sozialer Medien sei, Daten zu sammeln. Zwei Kilometer Stau am Gotthard – leise Schadenfreude – wieder dieses seltsame Schamgefühl dabei. Kurzer Check der Apps von Guardian und Süddeutsche auf dem I-Pad – ob Strauss-Kahn tatsächlich noch Lust auf eine Präsidentschaft haben kann?
Markt und Kaffee mit Freunden liegen hinter, einige freie Stunden für Sport und Lekture vor mir. Hans Hess in der Samstagsrundschau – nie muss er sich eine Antwort auch nur eine Sekunde überlegen, nicht mal die drei Wünsche an den Bundesrat – das Ganze scheint irgendwie vorbesprochen, Lustvolle Pflicht sind Wolfgang Schmidtbauers Antworten auf grosse Fragen der Liebe, heute Nr. 147 mit einer komplizierten Freundin im Magazin der Zeit, extrem spannend auch die Reportage in der Zeit zur Frage, wohin fliessen denn die 743 Euro, die Deutschland jedem der 11.3 Millionen Griechen bezahlt.
Ein paar mal Mails checken, am Samstag oft nur lesen, die meisten Antworten können bis Montag warten, der Tennismatch geht vor. Ja, meiner. Aber wenn Roger F. noch dabei wäre in Wimbledon und morgen im Final spielen würde, wäre ich über Zattoo oder auf dem T-Phone dabei. Gegen Abend noch eine Geschichte, erzählt von Alice Munro in „Zu viel Liebe“. Kann es davon zuviel geben?
Das Echo der Zeit, meine Lieblingsradiosendung, habe ich abonniert. Heute ist es kürzer, über den Ausbau des Schweizer Stromnetzes erfahre ich dennoch wieder einiges Neues.
Vor dem Schlafen gehen nochmals ein Blick auf den Ipad. Wichtige Mails kommen heute Abend kaum, NZZ App hat keinen Knüller, Süddeutsche auch nicht. Ich bin irgendwie erleichtert darüber.
Sylvia Egli von Matt
Direktorin MAZ – Die Schweizer Journalistenschule