„Wenn die Nachricht wichtig ist, dann findet sie mich.“ Das Zitat stammt nicht von mir, aber an einem Juli-Wochenende 2011 habe ich wieder festgestellt, wieviel Wahrheit dahinter steckt. Die erste Information zum Amoklauf in Oslo sah ich in einem Tweet von Jeff Jarvis, der mich zu einem Artikel des Guardians brachte. Am nächsten Tag erreichte mich die Nachricht vom Tod Amy Winehouse via Facebook: Gleich sechs Freunde aus Zürich, Stuttgart und Singapur posteten die Information. Das sind typische Startzeichen für einen Blick auf die Online-Angebote von NZZ, Tagesanzeiger, Spiegel Online, Zeit Online und dem Guardian.
Jäger-und Sammler-Phase beginnt an der Haltestelle
Mein jüngster Sohn ist 18 Monate alt. Eine Zeitung oder gar ein iPad am Frühstückstisch sind undenkbar. Mit etwas Glück reicht es morgens für etwas DRS 4 News, das via IP-Radio in die Küche kommt. Zwischen Bus- und S-Bahn-Haltestelle beginnt dann meine Jäger- und Sammler-Phase: Auf dem Smartphone schau ich mir an, was internationale und Schweizer Medien auf der Agenda haben. Ein Blick auf Twitter, Facebook und Google+ gehört dazu. Im Schnitt lese ich in eine von zehn Geschichten hinein. Alles andere, was mir wichtig erscheint, lege ich mir auf Wiedervorlage. Dabei hilft mir Instapaper. Mit diesem Angebot sende ich mir längere Artikel auf E-Reader oder iPad. Diese lese ich dann in aller Ruhe in der S-Bahn.
Via Instapaper bin ich auch auf Longreads aufmerksam geworden. Dort werden längere Lesergeschichten aus etablierten (Online-)Medien gesammelt. Das ist ideales Futter für E-Reader und Tablet-PC. In der Länge sind sie teils mit den Kindle Singles (10 000 bis 30 000 Wörter) zu vergleichen. Solche Formate zeigen, dass es eine Menge guter Geschichten gibt, die zu kurz für ein Buch und zu lang für einen Artikel sind.
Personalisierung ist nur begrenzt sinnvoll
Mein Arbeitsumfeld wird stark von neuen Entwicklungen im Bereich Technik und Medien beeinflusst. Ich habe deshalb in den vergangenen Jahren einige Angebote zur personalisierten News-Aggregation ausprobiert. Meinen RSS-Reader für Blogs habe ich schon vor Monaten aufgegeben. Zuletzt hat er mich mit 1283 ungelesenen Artikeln vertrieben. Plattformen wie Techmeme und Mediagazer schätze ich noch immer. Ein iPhone App wie smartr oder das news.me Angebot für das iPad sind spannende Beiträge zur Personalisierung von News.
Trotzdem möchte ich in der wenigen Zeit, die mir im Moment zum Lesen bleibt, nicht nur Breaking (Tech) News lesen. Irgendwann wächst wieder der Wunsch nach mehr Hintergrundinformationen und mehr Überraschendem.
Seit der Lektüre von Eli Parisers „The Filter Bubble. What the Internet is Hiding from you“ reagiere ich noch sensibler auf das Thema Personalisierung. Vielleicht liegt es ja daran, dass ausgerechnet ich, der schon recht lange keine Zeitungsabo mehr hat, nach jedem Stück Papier im Zug greife. Ein Stück weit sorgt so der vergessene Tagi, der erste Bund der NZZ, 20 Minuten und der Blick am Abend für die viel gelobte „serendipity“. Die schönste Übersetzung für diesen Begriff habe ich allerdings auch wieder Online gefunden. Laut LEO beschreibt dieser Ausdruck „die Gabe, zufällig glückliche und unerwartete Entdeckungen zu machen“. Das werde ich auch morgen wieder versuchen.