Medientagebuch von Jodok Kobelt, Webjournalist und MAZ-Dozent

Ständig am Netz angebunden zu sein heisst nicht, auch ständig online zu arbeiten. Aber langfristig auf die Netzanbindung verzichten zu müssen kann schon Entzugserscheinungen auslösen. Kurzfristig mal offline zu schalten ist nicht nur wohltuend, sondern schon fast zwingend.

Morgens stürze ich mich nicht gleich in die News, denn soviel hat sich die Nacht über auch nicht getan. Ein kurzer Blick auf die Frontseiten von nzz.ch oder Newsnetz belegen das auch meistens. Also ist erst mal die Aufarbeitung der Emails angesagt.

Hier reagiere ich nicht immer sofort, denn meistens kommt mir zur einen oder anderen Anfrage im Laufe des Morgens noch etwas Ergänzendes in den Sinn, und Mehrfach-Antwortmails versuche ich zu vermeiden. Nachteil: Es bleibt auch mal etwas liegen und geht dann im Tagesverlauf vergessen. Da muss ich mir den einen oder anderen Reminder gefallen lassen….

Fast immer am Netz, aber nicht immer drin

Ich verschaffe mir während des Tages in etwa alle zwei Stunden eine Übersicht über die aktuellen Geschehnisse, rufe auch meine XING-, Twitter– und Facebook-Seiten auf. Manchmal bleiben die auch ein paar Tage in Folge unberührt und erhalten dann, oft auf Grund eines neuen Mails, wieder mal einen Besuch von mir.  Immer mal wieder muss ich mich  zurückpfeifen, weil ich mich von hier aus gerne zu assoziativen Surftouren verleiten lasse. Die Newsquellen von Politik bis Technik habe ich mir in einem mehrseitigen Netvibes RSS-Feedkatalog organisiert.

Die „normale“ Arbeit hält mich ständig ans Netz angedockt: Inhalte nachschlagen, technische Hilfeleistungen suchen etc. Das jeweilige Tagesprogramm (Text, Audio/Musik, Video, Vorbereitung, ausführlichere Recherchen, Redaktionsarbeiten, etc.) bestimmt die Taktfrequenz.

Der Mittag gehört, fast schon ultratraditionell, dem Regionaljournal und dem Rendez-Vous. Da ich mein Büro zuhause habe nutze ich die Mittagspause zum kochen und gleichzeitig das Neuste auf Radio DRS zu erfahren. Damit sind newsmässig auch die Tagesschwerpunkte gesetzt, was dazu führt, dass ich das eine oder andere Thema nach der Rückkehr an den Arbeitsplatz noch aus der Sicht von anderen Quellen anschaue. Auch hier sind die RSS-Feeds mein erster Einstieg.

Der Nachmittag lässt weitere Kreise ziehen

Je nach Zeitdruck des Tagesgeschäfts erlaube ich mir gegen Ende Nachmittag, auch mal in etwas abgelegenere Quellen einzutauchen, oder diverse Fachliteratur (z.B. Songlines oder fRoots) in ihren digitalen Ausgaben durchzuarbeiten. Ich habe wo immer möglich darauf verzichtet, mir die Abo-Printausgabe zusenden zu lassen. Das gibt zwar ein etwas anderes Lesegefühl, aber hat den Vorteil, dass dadurch viele Quellen durchsuchbar werden – oft ein zeitlicher Vorteil. Eine weitere Einstiegsseite in diverse Themen ist für mich der Perlentaucher, der mich auf Lesenswertes von Medienwoche bis Telepolis hinweist.

Am Abend dann ist wieder Radio angesagt, wobei ich mir meistens das Echo der Zeit als Podcast hole, mal als Ganzes, mal gewisse Themen. Je nach Angebot ein Special auf DRS3 oder das Klangfenster auf DRS2. Mit irgend einer Tagesschau-Ausgabe – hier bin ich nicht so wählerisch ob ORF, ZDF oder SRF – gibt’s dann meistens noch einen bildhaften Tagesabschluss. So aufdatiert, und vielleicht mit dem Tram unterwegs, ist dann am nächsten Tag der Kontrollgriff zu 20Minuten nur noch ein Überprüfen, wie die Redaktion die Newslage gewichtet und umgesetzt hat.

Von Gadgets und Batterien

Da ich viel im Zug unterwegs bin sind iPad oder MacBook meine ständigen Begleiter. Auf dem iPad finden diverse Inhalte via InstaPaper ihren Platz, und die Kindle-Sammlung ist schon beträchtlich angewachsen – auch hier gibt es bereits ein Stapel von Ungelesenem. Eine ausführliche und ständig à jour gehaltene Musiksammlung auf dem iPhone verkürzt manche Fahrt.

Und manchmal bin ich auch gar nicht unglücklich, wenn all den Geräten unterwegs mal der Strom ausgeht und ich einfach zum Fenster raus schauen und die Welt vorbei ziehen lassen kann.

Jodok Kobelt, Webjournalist und MAZ-Dozent

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