Medientagebuch – eine MAZ-Kampagne

Hier reflektieren Medienmacher und MAZ-Mitwirkende ihren Mediengebrauch. Eine historische Sammlung.

JournalistInnen, DozentInnen, FreundInnen und Mitarbeitende des MAZ arbeiten nicht nur mit ganz unterschiedlichen Medien, sie konsumieren sie auch. Und reagieren unterschiedlich darauf: schmunzeln, ärgern, stirnerunzeln, nachschlagen, rausreissen, downloaden – oder gleich wieder vergessen.

Einige Assoziationen und Überlegungen zum alltäglichen Medienkonsum legen sie hier ab – damit weitere LeserInnen schmunzeln, sich ärgern, nachschlagen oder downloaden können.

Das MAZ hat diese Sammlung 2011 und 2012 angelegt und Aktualisierungen jeweils breit getreut.

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Medientagebuch von Sacha Batthyany, MAZ-Dozent und Redakteur DAS MAGAZIN

 

Sacha Batthyany
Sacha Batthyany, Redakteur DAS MAGAZIN

Meine Medienwoche beginnt am Sonntag. Ich kaufe frisches Tankstellenbrot, Orangensaft und die NZZ. Wenn ich genug Geld dabei habe, auch die Sonntagsausgabe der FAZ, der Feuilletonteil ist es wert. Ich lade den «Spiegel» am Abend auf mein iPad und schaue, was für Geschichten sich die Leute vom «New York Times Magazine» ausgedacht haben.

Wenn mich meine Tochter lässt, die ich in die Krippe bringe, lese ich am Montag auf dem Weg ins Büro den Tages-Anzeiger auf iPad. Im Büro überfliege ich die «FT» vom Wochenende und trinke dazu viel Kaffee. Die NZZ lese ich online, dazu ein paar ausgewählte Newsletter, ein paar Blogs, Facebook, Google plus, all das, aber all das nicht zu exzessiv. Noch immer muss ich lange Texte ausdrucken, um sie zu lesen, eine alte Gewohnheit; ich unterstreiche gute Stellen mit rosa Leuchtstift, in drei Jahren werde ich drüber lachen. Montagabend ist der «New Yorker» dran. Wieder iPad. Ich rase durch die Themen und würde gerne 40 Seiten über ein Restaurant namens Çiya Sofrasi in Istanbul lesen von der wunderbaren Elif Batuman, doch ich hab keine Zeit.

So geht die Woche weiter. Ein Mix aus Print- und IPad-Ausgaben. Vieles aus dem Ausland. Online viel Quatsch und Absurdes, daneben einmal pro Tag sicher den Guardian, die Huffington Post und die New York Times.

«20 Minuten» lese ich, wenn ich im Tram zurück nach Hause noch eine Ausgabe finde, den «Blick am Abend» lese ich nicht. Radio höre ich kaum und wenn doch, vor allem im Auto, dann bin ich fasziniert. Vor zwei Jahren habe ich ein wichtiges Fussballspiel im Radio hören müssen, weil ich im Stau stecken blieb. Es war das beste Spiel meines Lebens.

Meinen Fernseher habe ich am 1. Januar dieses Jahres in den Keller getragen, andere hören auf zu rauchen. Es ist ein seltsames Gefühl. Er fehlt – und er fehlt doch nicht. Ich lese Bücher, um einzuschlafen. Altmodisches Zeugs wie Romane und Kurzgeschichten. Ich lese auf dem iPad oder Papier. Ist doch egal.

Sacha Batthyany, Redakteur DAS MAGAZIN

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Medientagebuch von Daniela A. Caviglia, Dozentin, Beraterin & Netzweberin

Medientagebuch von Daniela A. Caviglia

Daniela A. Caviglia

Mein Medientag beginnt in der Regel um fünf Uhr: Android-Smartphon und Kaffeemaschine starten parallel auf. Die für meine Arbeit wichtigsten News habe ich – ganz altmodisch – immer noch per E-Mail abonniert. Bezüglich neuer Entwicklungen und noch unbekannter Newsquellen alarmiert mich Google. Nach dem Schnellüberblick via Mailbox dann der Check der Dialoge auf Google+, Twitter und Facebook. Steht nichts Dringendes an, wie beispielsweise ein Shitstorm oder ein Troll auf einer Plattform meiner Kunden oder eine relevante Neuerung bei sozialen Medien, wird das Newsphone zum Musikplayer, bis der offizielle Arbeitstag beginnt.

Noch vor drei Monaten lief Facebook vom ersten bis zum letzten Klick am Arbeitsplatz. Heute ist es Google. Seit Google-Plus sich bei den Early Adoptern durchgesetzt hat, ist der Nachrichtenwert bei Facebook drastisch gesunken. Bei Google+ habe ich vor allem Journalisten, Medienschaffende, Programmierer und Tech-Freaks eingekreist. Die technische Entwicklung will ich unbedingt im Auge behalten, denn sie ist die Grundlage für Änderungen der sozialen Kommunikation. Was technisch möglich ist, wird früher oder später von den Plattformen adaptiert, ergo kann ich damit zukünftige Tendenzen erkennen.

Tagesnachrichten ausserhalb meiner geschäftlichen Tätigkeit erreichen mich ebenfalls über mein Netzwerk auf den sozialen Plattformen. Wobei aktuelle Untersuchungen nahe legen, dass Facebook eher diffusiert statt zu informiert. Alles ins rechte Licht rückt abends mein Mann, der diejenigen Informationen mündlich nachliefert, die ich durch Radio-, Fernseher- und Zeitungs-Abstinenz verpasst habe. Für Hintergrundberichte dazu surfe ich zum Infosperber. In der Freizeit bevorzuge ich satirische Texte und Wortspielereien statt harter Fakten, beides gibt es hier und hier, natürlich online.

In Papierform habe ich nur noch ein einziges Produkt abonniert: Die vier Mal im Jahr erscheinende Fachmagazinausgabe von t3n. Per Post erreicht mich auch noch der Schweizer Journalist, für den ich bis Ende 2011 gearbeitet habe. Ich habe mich lange dagegen gesträubt, meinen Medienkonsum ganz ins Internet zu verlagern, da ich eine passionierte Journalistin bin und mir vor allem der Lokaljournalismus sehr am Herzen liegt. Aber die Zeiten ändern sich, die Uhr steht nicht still und neue Wege sind nicht per se schlecht, meint meine Lebenserfahrung, auch wenn meine konservative Seite ständig das Gegenteil zu behaupten versucht.

Apropos neue Wege: Mehr Gedrucktes gibt es in meinem Medienalltag ganz sicher ab dem 23. Februar, wenn ich an der Uni Luzern Soziologie/Ethnologie zu studieren beginne. Und apropos Änderungen im Medienalltag: Da sich meiner im Laufe der letzten zwölf Monate so erheblich geändert hat, empfehle ich Leserinnen und Lesern, die diesen Artikel im Jahr 2013 oder noch später lesen, ihn mangels zutreffendem Informationsgehalt zu ignorieren und mich persönlich nach meinem aktuellen Medientagebuch zu fragen.

Nur etwas wird sich auch die nächsten Jahre – so hoffe ich – nicht ändern: Die geliebte Austaste bei PC, Tablet und Smartphone und das seit meiner Kindheit immer noch gleich riechende Buch. Und so endet mein Medienalltag wenigstens offline, haptisch. Beispielsweise mit einem Roman von David Gemmell, im Original natürlich, weil der ehemals freiberufliche Journalist aus London ein so wunderschönes Englisch hat.

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Medientagebuch von Adrian Müller, Kapuziner und Journalist

Adrian Müller

Adrian Müller

Um viertel vor sechs morgens fängt das Gehetze an. Und es ist für einen Siebenschläfer dramatisch. Der Radiowecker geht punkt 5:45 Uhr an. Wenn ich schnell bin, dann reicht es noch kurz für einen Kaffee, ansonsten werde ich um sechs Uhr mit nüchternem Magen im Chor des Kapuzinerklosters auf dem Wesemlin stehen. Als Guardian (Klostervorsteher) habe ich nach dem Schlagen der Uhr die Meditationszeit mit einem Wechselgebet zu beginnen. Zum Glück wurden das Medium „Buch“ und der Buchdruck erfunden – ich würde in dieser Zeit selber noch nichts Schlaues vorbeten können, da bin ich noch in anderen Welten zu Hause. Nach vier Minuten einbeten setzen sich die rund dreissig Kapuzinerbrüder zur Meditation – und mein Tag kann langsam anrollen. Ich komme an, bei mir und in der Gegenwart Gottes.

Später sprechen und singen wir in der Gemeinschaft das Morgengebet. Das Christentum ist eine Medien-, eine Buchreligion. Liturgie und Theologie wird medial v.a. mittels Bücher geprägt, manchmal sorgen CDs für die musikalische Vertiefung im Gottesdienst. Gut, vorzustellen ist natürlich, dass wir eines Tages mit eReader beten werden. Da fehlen jedoch noch die entsprechenden Ebooks und Einrichtungen. Nach dem Frühstück geht es aufs Zimmer und ein erster Knopfdruck startet den Computer. Mit den Emails prasseln unterschiedlichste Medienmeldungen von Presseagenturen und Co. in den Laptop. Die Welt erwacht.

Zwei Medien prägen meinen Alltag: Handy und Computer. Ok, es gäbe auch noch einen Festnetzanschluss auf dem Pult. Das Telefon hasse ich jedoch. Da wird mir von Aussen zeitlich vorgegeben, wann ich mich mit einem Menschen und einem Thema auseinandersetzen soll. Das mag ich nicht. Darum sind meine Telefonate sehr wortkarg und kurz, und sie enden meistens mit der Aufforderung, mir doch eine Email oder eine sms zu senden. Ich selber kommuniziere am liebsten via Email. Vor allem wenn ich Menschen zum Gespräch habe oder einen Artikel schreibe, brauche ich Ruhe und Konzentration. Dann ist meine interne Festplatte belegt. Multitasking ist nicht meine Sache – auch raten die meisten spirituellen Meister immer nur eine Sache zu tun, diese aber richtig. Das entspricht meinem Naturell.

Beim Handy nutze ich medial nur eine Funktion: sms; ansonsten brauche ich es noch als Agenda und Adresskartei – wobei die Eingaben stets über den Computer laufen. Oft höre ich den Vorwurf, dass ich altmodisch sei, wenn ich beispielsweise mit dem Handy die Emailfunktionen nicht nutze und mir auch kein teures gekauft habe. Nun, das hat für mich nichts mit Mode zu tun, sondern mit der Entschleunigung meines Alltags. Bin ich offen für die Welt, dann läuft der Computer. Wenn nicht, dann ruht er.

Zugreisen brauche ich zum Lesen oder – wenn ich müde bin – zum Hören von Podcasts. Und dann ist der Handyton abgestellt. Reisen hat für mich mit der Freiheit zu tun, nicht erreichbar zu sein – zum Glück darf ich oft von Luzern nach Fribourg, Bern, Zürich, Olten auf Recherchen oder an Sitzungen gehen! Ok, bei der Ankunft oder beim Umsteigen lese ich oft die sms oder sehe, wer versucht hat zu telefonieren. Antworten kommen dann meistens später, wenn der Computer das Tor zur Welt wieder geöffnet hat.

Kommunikation und Information prägen mein Leben als Guardian eines Kapuzinerklosters, wie auch als Journalist. Der Vorteil der von mir benutzten Medienformen liegt in der Freiheit meiner Bearbeitung und Beantwortung. Und da kenne ich ein gutes Regulierungsprinzip: Zuerst bearbeite ich die grossen Blöcke, und erst dann, zwischendurch, die kleinen Steine oder den Sand. Es ist dies mein Mittel, mich nicht in Begegnungen und Informationen zu verlieren.

Wenn ich einen Freund oder eine Freundin treffe, dann lasse ich den Computer zu Hause und das Handy ohne Ton. Dann bin ich da für die zwischenmenschliche Begegnung bereit, hier und jetzt, und nicht noch anderswo. Solche Situationen geniesse ich am liebsten in der Natur oder im Kino – und dann ist neben dem Computer auch das Handy abgestellt. Und wehe, der oder die Andere zückt in solchen Momenten das Handy, …, dann übe ich mich in christlicher Nächstenliebe.

Adrian Müller, Kapuziner und Journalist, www.adrianm.ch.

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Medientagebuch von Jodok Kobelt, Webjournalist und MAZ-Dozent

Ständig am Netz angebunden zu sein heisst nicht, auch ständig online zu arbeiten. Aber langfristig auf die Netzanbindung verzichten zu müssen kann schon Entzugserscheinungen auslösen. Kurzfristig mal offline zu schalten ist nicht nur wohltuend, sondern schon fast zwingend.

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Medientagebuch von Bernadetta Cava, Primarlehrerin in Zürich

Bernadetta Cava

Bernadetta Cava

Geweckt werde ich von einem traditionellen Wecker, Radio höre ich am Morgen früh nicht und deshalb treffe ich erst am Bahnhof auf die mediale Welt. Dort angekommen schnappe ich mir morgendlich, wie zig PendlerInnen vor und nach mir, eine Zeitung aus der blauen Box. Auch wenn ich fürs Durchlesen nie 20 Minuten brauche. Was heisst Durchlesen; es ist vermehrt ein Durchblättern. Hängen bleibe ich bei den lokalen Nachrichten. Und der Witzseite sowie den Horoskopen. Schlussendlich betrachte ich noch flüchtig die Wetterseite, ehe die Zeitung im Zeitungshalter landet. Abgelöst wird sie durch das Musikhören auf meinem Mobile. Parallel dazu lese und versende ich sms.  Weiterlesen

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Medientagebuch von Matthias Burki, Verleger (Der gesunde Menschenversand) und Schreiber in Luzern

Matthias Burki

Matthias Burki

Mein Medientagebuch in zwei Varianten zur freien Auswahl – downloadbar für die verschiedenen I-Applikationen, auch erhältlich als Podcast, Twitter- oder Facebook-Serie, Hörbuch, Book-on-demand und mehr:

1. Für Utopisten
Die Zeit am Morgen ist knapp, darum das «Regionaljournal» oder die «Mattinata» gleich unter der Dusche, dann die «NZZ», die «Zeit» und Radio BBC 1 für die nationalen und internationalen News am Frühstückstisch. Im Büro eine erste Durchsicht der Webseiten und Blogs, vom «Spiegel» über die «Financial Times» bis zum «Buchreport», aktualitätsbedingt viel zum Arabischen Frühling und zur Euro-Krise. In den Pausen, während sich die Bürokollegen am Töggelitisch vergnügen, reicht es meist für ein paar Seiten «Le Monde Diplomatique». Weiterlesen

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Medientagebuch von Alexander Tschäppät, Stadtpräsident von Bern

 

Alexander Tschäppät

Alexander Tschäppät

Vom Glück, sich aufregen zu können

Ich bin in der glücklichen Lage, mich fast jeden Tag aufregen zu können. Wenn ich mich aufrege, weiss ich, dass ich noch nicht gleichgültig geworden bin oder gar stumpf. Es soll, ja es muss mich kümmern, wenn ich höre, dass die Vertreter von SVP, FDP und CVP in der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats gegen ein Verbot von Streumunition sind. Ebenso wenn wieder mal ein Lokalpolitiker in einer Berner Lokalzeitung meinen Rücktritt fordert. Oder wenn die Eisbahn auf dem Bundesplatz eingespart wird und damit der breiten Bevölkerung etwas vorenthalten wird, das richtig «fägt». Weiterlesen

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Medientagebuch von Samuel Huber, Student Kommunikations- und Publizistikwissenschaft in Zürich

Samuel Huber

Samuel Huber

Ich bin leidenschaftlicher Snoozer. Jeden Morgen lasse ich mich von meinem Telefon wecken und benutze für mindestens 30 Minuten lang wiederholt die Schlummerfunktion (übrigens zeitlich beliebig erweiterbar, je nach Dringlichkeit der morgendlichen Termine). Meist lese ich während des Frühstücks den Haupt- und Kulturteil des Tagesanzeigers, obwohl morgens die Zeit jeweils begrenzt ist. Trotzdem geniesse ich es, die normale Zeitung, wenn auch nur kurz, in den Händen zu halten. Was ich nicht lesen kann schaue ich mir unterwegs auf dem Iphone an. Weiterlesen

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Medientagebuch von Adrian Zurfluh, Informationsbeauftragter des Kantons Uri

Adrian Zurfluh

Adrian Zurfluh

Aufwachen zum Regionaljournal Zentralschweiz: Dadurch ist meine biologische Aufstehzeit auf 6:37 definiert, oder auf 7:37, je nach vorhergegangenem Feierabend. Ausnahmen sind geschäftliche Morgentermine. Da können schon mal die Sechsuhrnachrichten den Startschuss in den Tag geben.

Die Neue Urner Zeitung – nur der Urner Teil – ist im Nu quergelesen. Was haben sie aus den Medientexten gemacht, die der Informationsdienst des Kantons gestern veröffentlicht hat? Richtig gewichtet? Mit einem Kommentar eingeordnet? Zweimal in der Woche kommt das Urner Wochenblatt. Weiterlesen

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